Meine Bücher und ein Gedichtband...

Viele werden jetzt denken "Mein Gott noch Einer, der denkt ein Schriftsteller zu sein..."  Bin ich auch nicht,... ich erzähle Geschichten aus meinem Leben. Lustige, nachdenkliche und einfach-verständliche, meine Sprache ist "Bauern-Malerei" in Schriftform...blumig, einfach und lustig.

Ich möchte von meinen Lesern auf Anhieb verstanden werden, unterhalten und den Leser für einige Zeit aus seinem Alltag holen, ihn ablenken und auf andere Gedanken bringen...

Wenn er meine Bücher mit einem Lächeln schließt und einen Augenblick schmunzelnd verharrt, habe ich erreicht worum es mir geht...

Euer Gerd L.     "Gerlut"

Worum geht es?..

Meine kleine Kneipe..."Jever Deel"

" Erotik aus dem Bierhahn"...sind erotische und lustige Wirtshausgeschichten. Wie auch schon aus dem Einband ersichtlich. Geschichten von mir aufgeschrieben, die mir selbst oder meinen Gästen wiederfahren sind.

Geschichten, die sich in meiner kleinen Kneipe, in der ich einige Jahre der "Wirt" war, oder die sich in der Gastronomie unserer Kleinstadt zwischen Eifel und Mosel zugetragen haben...oder die mir von meinen Gästen erzählt wurden.

Lustige... nachdenkliche und natürlich erotische...deswegen der Titel.

Lasst Euch entführen in einen sich selbst erklärenden "Mikrokosmos"...in die kleine Kneipe an der Ecke, wo schräge Vögel, einsame Witwen, Rentner-Band´s ,  derbe irische Bauarbeiter, leichte Mädchen, Lebenskünstler und auch solvente Geschäftsleute, Rechtsanwälte und Zahnärzte ihr "Feierabend-Bier" genießen...

Wer dann noch die einzelnen Geschichten im Anschluß mit einem kühlen Bier "nachspült"...der ist ein wirklicher Genießer dieser Szene...

 

Leseproben zu meinen Büchern...

Nur zwei kurze Geschichte von den vielen...es sind 21 "Geschichten aus dem Bierhahn"...

ganz am Schluss, Leseprobe zu dem neuesten Buch: Wenn ich das meiner Frau erzähle

Liebe ist ein "Geben und Nehmen"...

Und nichts ist daran verwerflich...

nur schmutzige Gedanken und Reden darüber ***

Vorwort und Anfang des Buches...

Dies sind kleine erbauliche Geschichtchen aus dem Leben gegriffen, die sich mehr oder weniger in meiner „Stammkneipe“ zugetragen haben, dort erzählt wurden oder meinen Gästen widerfahren sind. Geschichten von schrägen Vögeln, lustigen Witwen, von Leuten, deren Leben sich zu einem sehr großen Teil in der Kneipe abspielt und denen ich einfach zugehört habe.

Hier soll auch all denen Aufmerksamkeit gewidmet werden, die hinter dem Tresen ihre Arbeit verrichten und täglich mit den menschlichen Tragödien, Schicksalen, körperlichen Gebrechen und Unbilden des Ehelebens überschüttet werden oder sich ganz einfach die Geschichten anhören, die man sich am Tresen erzählt.

Ich hatte den schönsten Beruf gewählt, den es geben kann. Wo, außer als Schauspieler auf der Bühne, kann man in so viele Rollen schlüpfen und das Leben mitgestalten?

Ich war ein guter Freund, Seelentröster und Ratgeber, wenn ich nichts pumpte, ein schlechter Mensch, wenn ich nicht gut drauf war, ein „Stimmungskiller“, und wenn ich gut drauf war, die „Stimmungskanone“ der Kneipe. Oder ich war einfach nur Zuhörer.

Dort wo der Wirt ein „Mensch“ ist, kehren die Leute gerne ein und vertrauen ihm Dinge an, die sie sonst keinem erzählen ... außer vielleicht ihrem Friseur.

Egal ob dabei der Alkohol eine Rolle spielt oder die Einsamkeit sie drängt, dem Kerl hinter dem Tresen die geheimsten Wünsche, Hoffnungen oder Lebensgeschichten anzuvertrauen, ist jedes Mal erbaulich und interessant – wenn man zuhören kann ...

 

 


Die Anfänge

 

Drei Jahre war ich selbständig, praktizierender Gastwirt, Seelentröster und guter Kumpel – allerdings ein schlechter Kumpel, wenn ich nicht anschreiben wollte, und vieles mehr in einer Person. Wenn ich meinen Stammgästen glauben durfte, war ich der beste Wirt, den sie jemals hatten.

Über einen besten Gast hatte ich eigentlich nie nachgedacht. Sie waren mir alle lieb, mit ihren Eigenheiten, ihren Macken und Gewohnheiten – mit ihren Geschichten, die sie nur „mir“ anvertrauten, und mit ihrer eigenen Art, das Leben zu meistern.

In den wenigen Jahren meines Zapferdaseins haben sich kaum Feindschaften entwickelt, dafür aber viele schöne Freundschaften. In dieser Zeit sind zu meinem Leidwesen auch die menschlichen Originale dieser kleinen Stadt aus dem Leben geschieden, deren Geschichten noch heute am Tresen erzählt werden. Diese Stammgäste waren in meiner kleinen, urgemütlichen Fischerkneipe (ein weiteres Paradox mitten im tiefsten Süden von Deutschland, in der Eifelregion, und worauf man hier großen Wert legt, dass man Anrainer der Mosel ist), der Herzschlag des Beisammenseins.

Ich war auf fast all ihren Beerdigungen dabei, aber nicht, wie böse Zungen behaupten, um Tränen über die noch ausstehenden Zechen zu vergießen. Nein! Weil sie mir ans Herz gewachsen und ein Stück meines eigenen Lebens geworden waren, diese treuen Gäste und guten Kunden.

Es war auch nicht einer unter ihnen, der mir etwas schuldete, und ich hätte keinem den unbezahlten Deckel in die Gruft nachwerfen können.

Auch nicht meinem Freund „Schieber Willi“, die wohl schillerndste Erscheinung unter den „Berufstrinkern“, wie er sich oft selbst bezeichnete.

„Schieber“ – knapp vor der 60, war der Hans-Dampf der Kneipenszene. Seine quirlige Art, sein immer lustiges und fröhliches Naturell, das war seine Waffe gegen mich. Es gelang ihm immer wieder, Zahlungsaufschub zu erschmeicheln. Man konnte ihm nicht böse sein, denn seine Art überspielte oft seinen Gesundheitszustand. Durch das ständige Qualmen von alten Socken, so rochen jedenfalls seine unangenehmen filterlosen Glimmstängel, war seine Gesundheit schon sehr stark in Mitleidenschaft gezogen worden.

Ein Lungenflügel war schon raus und die Leber kaputt: ‘Ich saufe jetzt auf der Milz weiter’, war der Spruch, der als Erklärung herhalten musste. Nach dem Spruch lachte er, fast zahnlos, aus dem zerfurchten Gesicht in die Runde.

Er war Heizungsbautechniker, hatte es wohl auch bis zum Ingenieursgrad gebracht, und aus besagten gesundheitlichen Gründen hatte man ihn schon lange vor der Rente in den Ruhestand geschickt. Untersetzt, hager, kaum noch Zähne im Mund und immer das linke Auge bei den Erzählungen zukneifend, berichtete er über seine schier endlosen Weibergeschichten.

„Schieber“ war der Liebling bei den Frauen. Er kam an, hatte eine schmeichelnde, gefällige Art und immer die richtigen Sprüche, die Frauenwelt zu beeindrucken.

In der Kneipe war es dann meist still. Man lauschte seinen Eskapaden, die zwar viele schon kannten, die aber immer wieder im lauten Gelächter endeten. Schieber-Willi stand immer wie angewurzelt in der Mitte des Tresens, kniff sein linkes Auge schelmisch zu und erzählte aus seinem Leben.

 

 

Der Trauerflor

 

Irgendwann in jüngeren Jahren, als er in unserem kleinen Ort noch Monteur bei einer renommierten Heizungsbaufirma war (jung und voller Tatendrang), führte ihn ein Auftrag zusammen mit einem Kollegen zu einer lustigen Witwe. Deren Heizungsanlage sollte eigentlich nur gewartet und ein neuer Durchlauferhitzer installiert werden.

Wer Willi kannte, wusste, was kam. Nach kurzer Zeit war das Eis gebrochen und das Interesse lag mehr an der Witwe, als an ihrer Anlage – vonseiten der Heizung gesehen.

Die Witwe wiederum erkannte seinen ständigen Durst und besorgte kurzerhand sein Lieblingsgetränk – ein paar Flaschen guten Whisky, dazu noch eine gute Freundin für den Arbeitskollegen – und dann konnte es losgehen.

Mit der Arbeit!?

Der Durchlauferhitzer stand drei Tage abgebaut neben der Badewanne. Aber neben dem großen Ehebett standen anschließend mehrere leere Flaschen Whisky. Auf dem Nachttisch lagen mehrere Polaroidfotos, die in der Zwischenzeit entstanden waren. Sehr Lustige und Erheiternde waren darunter, das war aber durchaus nur für die Beteiligten erheiternd ... Nicht so für den Firmeninhaber und Altchef des Familienunternehmens, der einen sehr guten Ruf in der Stadt genoss – eine stattliche und Respekt einflößende Persönlichkeit, nicht nur in der Leibesfülle, auch in seiner Haltung und seinem Auftreten. Obwohl Willi bei seinen Rapporten immer wieder betonte, dass sich die Arbeiten aufgrund des veralteten Systems der Heizanlage sehr schwierig und langwierig gestalten werden, hatte dieser nach drei Tagen dann doch die Geduld verloren und wollte sich selber vom Fortgang der schwierigen Arbeiten überzeugen.

Dass eine leicht bekleidete Auftraggeberin um die Mittagszeit im Morgenmantel öffnete und dass seine Kollegen nur im Unterhemd und mit offener Hose unter größten Anstrengungen versuchten, den Wasserboiler im Bad aufzuhängen, das war wohl aufgrund der herrschenden sommerlichen Temperaturen entschuldbar, ja auch verständlich. Aber als bei der optischen Überprüfung der Heizanlage sein prüfender Blick auf die Fotos im Schlafzimmer fiel, da musste er sich erst einmal selbst auf dem großen einladenden Ehebett niederlassen, um das zu verarbeiten, was sich den erstaunten und prüfenden Fachaugen darbot.

Nicht die Geschicklichkeit seiner Mitarbeiter bei der pflichtgetreuen Erfüllung aller noch so schwierigen Kundenwünsche in allen Stellungen und Lebenslagen machten ihn stutzig. Nein, vielmehr die Würdigung der Leistungen, die seine besten Monteure vollbracht hatten. Auf einem Foto genoss „Schieber-Willi“ nach vollbrachter schwerer Arbeit völlig entspannt die wohlverdiente Ruhe.

 Die Damen hatten, während er schlief, sein bestes Stück in abgekämpftem Zustand mit einer Schleife und einem gut sichtbaren schwarzen Trauerflor geschmückt. Diese wohl auch stattliche „Trophäe“ der Liebe war deutlich erkennbar und das alles so auf den Bildern verewigt.

Willis Chef hatte jedoch so viel Anstand, vor seiner Rede an die Kollegen, die Fenster zu schließen. Was jedoch die Nachbarschaft, aufgrund der sehr deutlichen, in der Lautstärke etwas gehobenen Aussprache des Chefs, nicht daran hindern konnte, sich reichlich unter dem geschlossenen Fenster zu versammeln, um so Anteil zu haben an einer ausgiebigen, aufschlussreichen, sehr vertraulichen und internen betrieblichen Aussprache.

Nachdem das Redegewitter vorüber war, herrschte einen Augenblick betretenes Schweigen. Eine Stille, die von Willi mit den Worten unterbrochen wurde: „Man wird sich doch wohl in der Mittagspause noch ein bisschen ausruhen können.“

Das Zuschlagen der Türen, als der Chef den sündigen Ort verließ, soll durch die halbe Stadt zu hören gewesen sein, wurde aber auf der Richterscala des Epizentrums in der Eifel nicht als schweres Beben registriert. Was jedoch Willi registrieren musste, war, eine an die anderen anzuhängende neu hinzukommende betriebliche Abmahnung – natürlich sehr bedauerlich bei so fleißigen Kollegen.

 

 

 

 

 

Die Nummer auf dem Damenklo...                                                                    (Seite 55 bis 60)

 

Gaststätten sind seit jeher ein beliebtes Ziel einsamer Herzen, um eventuell ein vom Schicksal ebenso gebeuteltes Gegenstück wie man selbst zur Erfüllung der geheimsten Wünsche und Regungen zu finden, was aber nur in ganz seltenen Fällen zum Erfolg führt. Meist geht man wieder enttäuscht und allein nach Hause oder man gabelt sich einen Vogel der Nacht auf und hat dann am nächsten Morgen das Vergnügen der besonderen Art.

Gerade wir Gastwirte könnten von diesem speziellen Thema ein gesondertes Buch schreiben.

Ob gerade meine Gaststätte wegen ihrer urigen und gemütlichen Ausstattung und damit auch automatisch gemütlichen Atmosphäre ein beliebtes Ziel von Pärchen war, ob sie schon länger das Vergnügen miteinander hatten oder sich gerade erst kennen lernten. Auf jeden Fall kam dieser Personenkreis sehr gern zu mir. Schnell war auch eine gemütliche und ruhige Ecke gefunden. Wo man nicht ganz so den eingehenden und neidischen Blicken der anderen anwesenden Gäste ausgesetzt war, und dann ging die Turtelei los.

Bei frisch verliebten Pärchen war anhand der Berührungskontakte ersichtlich, dass ein Schweben auf rosa Wolken durch den siebten Himmel alles andere um sie herum vergessen machte. Wenn dann der rücksichtsvolle Wirt mit leichtem Hüsteln erkennen ließ, dass er gerne etwas mehr Umsatz hätte, als eine Cola in zwei Stunden, dann war immer aus den erschreckten Blicken der Betroffenen ersichtlich, dass sie ganz weit weg waren und es auf dieser Welt nur sie zwei gab. Aber Geschäft ist Geschäft und von Liebe und Lust können eigentlich nur die beiden leben.

In einem ganz extremen Fall, wo der Verzehr von zwei Glas Wein sich über zwei Stunden hinaus zu ziehen schien, denn nach dieser Zeitspanne waren die Trinkgefäße immer noch halb voll, hat es mich dann doch gefuchst und ich bin mit besagtem Hüsteln am Tisch erschienen. Freundlich, höflich und lächeln habe dann den Turtler’n mitgeteilt, dass sie die noch verbleibenden Tage bis zu meiner Geschäftsaufgabe voll ausnutzen sollten und ob sie noch etwas wünschten?

Meine eigentliche Frage vollkommen ignorierend, fragten sie mich: „Was Sie wollen aufhören? Das ist doch so eine schöne und gemütliche Kneipe! Früher waren wir sehr oft hier!“ Früher (das war nicht bei mir, ich hatte den Typ zum ersten Mal gesehen) dachte ich so bei mir, vielleicht mit der eigenen Frau, oder sie mit ihrem Mann, denn zusammen gehörten sie nicht.

Aus aufgeschnappten Gesprächsfetzen im Vorbeigehen hatte ich öfter ihre besorgten Worte mitbekommen: „Mein Mann ist krankhaft eifersüchtig!“ Und: „Wenn der wüsste, dass ich mit dir hier sitze!" Da bliebe mir nur die kalte Dusche übrig:

„Wissen Sie, in der letzten Zeit ist der Getränkeumsatz so stark zurückgegangen, mir bleibt nichts mehr weiter übrig, die Leute halten das Geld viel mehr zusammen und einen Heizkostenaufschlag auf Getränke darf ich nicht erheben.“ Die letzten Worte gingen fast in meinem eigenen Lächeln unter, eigentlich war es ja ironisch und lustig gemeint. Der Typ verstand aber keinen Spaß und wollte nun bezahlen.

„Es wird Zeit, wir müssen auch langsam nach Hause!“ Und mit einem Zug war das halbe Glas leer. War bestimmt schon warm und abgestanden, aber was soll’s, auf einmal ging es. „Ein Gläschen können sie uns noch bringen, ein bisschen Zeit ist noch“, flötete sie nun Frieden stiftend dazwischen. „Ist doch so schön gemütlich hier.“

Bevor er widersprechen konnte, war ich entschwunden und kam dem Wunsch der netten, fremdgehenden Dame nach. Das sind die harmlosen und netten Begebenheiten meiner Gastwirtschaft. Aber es kann auch ausarten, wenn die knallharten Baggerscheinbesitzer auf den Plan kommen.

Eines Abends ging die Tür auf und ein spezieller Freund trat in Begleitung einer viel jüngeren Frau in die Gaststätte. Dem Erscheinungsbild nach zu urteilen, war ihr Lebensstil nicht weit entfernt vom asozialen Milieu angesiedelt.

Dieter, so hieß der Schwarm aller Frauen, grüßte die ganze versammelte Runde freundlich grinsend und über alle Backen strahlend, wegen seiner neuen Eroberung, die bestimmt nicht schwer war und ein paar Bier und ein, zwei Kurze gekostet haben kann. Ein langer hagerer Typ, Elvistolle, immer gepflegt und smarter Unterhalter mit coolen Sprüchen. Auch diesmal übertraf er sich mit lautstarken Lobpreisungen seiner Männlichkeit und seiner unwiderstehlichen Art. Er landete den einen oder anderen Spruch und verwies immer wieder auf seine tolle Eroberung, die das Ihre dazu beisteuerte, indem sie sich wie ein Klammeräffchen an seinen starken und durstigen Machohals hing, an ihm rumknutschte und auch öfter ihre Hand über seinen erregten in der tieferen Körperregion liegenden Männlichkeitsbeweis gleiten ließ.

Dieter schwelgte in seinem Glück und genoss die neidischen Blicke seiner Saufkumpane, die sich inzwischen um ihn versammelt hatten; vielleicht in der Hoffnung, von dem Kuchen auch noch ein paar Krümel zu erhaschen. Er ließ keinen Zweifel aufkommen, dass es für ihn die Nacht der Nächte werden würde. Solch Volk riecht sich oft schon auf Meilen Entfernung und findet sich dann auch immer zusammen.

Irgendetwas lag in der Luft, ich hatte jedenfalls das Gefühl und Gespür dafür, und ich sollte Recht behalten. Ob auch noch Vollmond war, kann ich heute nicht mehr sagen, wobei ich später noch einmal auf das Thema Vollmond zu sprechen komme. Ich merkte jedenfalls, dass sich die Erregung des jungen Paares mit fortschreitendem Alkoholkonsum steigerte, dass ihre Hand wohl auch die gewünschte Wirkung erzeugte und dass Dieter die Hose etwas eng wurde. Soviel hatte ich noch mitbekommen, bis er sich ein paar „Wiener Würstchen“ bestellte und ich mich in die Küche begab, Wasser aufsetzte, Würstchen einlegte, den Teller garnierte und Brot bereitlegte. Zwischenzeitlich hörte ich zweimal die Toilettentür klappen; ein normales Gaststättengeräusch, dem weiter keine Bedeutung beigemessen wird. Es waren höchstens fünf Minuten vergangen, als ich wieder in den Gastraum kam.

Beide Plätze waren leer, Dieter und der Vogel der Nacht waren verschwunden. Wahrscheinlich waren sie es, die das Klappern der Toilettentüren verursacht hatten. Auch noch nicht schlimm, nur das breite Grinsen der Kumpane machte mich stutzig. Laufend hingen ihre Blicke an der Toilettentür. Mich wurmte das und ich griff mir den Obergrinser, Wolli Wolfgang gutbürgerlich, wobei gutbürgerlich bei dem genauso übertrieben klingt, wie „Prinzessbohne“ für eine hundsgewöhnliche Brechbohne.

Vor seinen Augen lief gerade ein geistiger Pornofilm ab. Sein Grinsen war nicht zu übertreffen und wahrscheinlich ging auch gerade seine Fantasie mit ihm durch. Er atmete schwer und sein Grinsen ging in ein Lachen über, als ich ihn nach Dieter fragte.

„Auf dem Klo, ha, ha, ha, ha, aber auf dem Damenklo!“

Ich hatte es geahnt und musste handeln. Die Blicke anderer Gäste, die dem „Konservativen Flügel“ zuzuordnen waren, trafen mich inzwischen.

Einmal abschrecken ... aber richtig, sonst hilf es nicht. Ich hab doch keinen Puff, was machen die aus meiner Kneipe, waren meine Gedanken auf dem Weg in die Küche. Dort suchte ich in der Schublade nach dem größten Messer, das ich hatte. Ich fand es und stürmte mit diesem Riesendolch, der einem türkischen Dönermann zur Ehre gereicht hätte, in die Damentoilette. Zeit, sich in einem der beiden Toilettenverschläge einzuschließen, hatten sie sich nicht genommen, die Sache muss wohl sehr eilig gewesen sein. Sie saß mit heruntergelassenem Höschen auf der Toilette, unser Deckhengst stand in voller Pracht und Schönheit vor ihr, ließ sich einen Blasen und grunzte genüsslich dabei.

Mein plötzliches Auftauchen verringerte nicht seine Standfreudigkeit, obwohl der Schreck meines Erscheinens sein bestes Teil aus der warmen süßen Umklammerung ihres Mundes riss und er nun vor mir stand wie mit einer auf mich angelegten Pistole.

„Raus hier oder ich schneid’ dir den Schwanz ab!“, keuchte ich vor Wut, und die war mir wohl auch anzusehen. Jetzt bemerkten sie auch die Waffe in meiner Hand, sie kreischte leise auf, zerrte hastig ihr Höschen hoch und zwängte sich neben mir durch die Tür ... natürlich, ohne zu spülen. Dieter stand immer noch wie versteinert da und sein Freund war der Einzige der jetzt an ihm hing. Er zwang sich zu einem Grinsen: „War doch nur ein Späßchen“, stotterte er heraus. Dass er solche Späße auch schon in anderen Kneipen abgezogen hatte und diese bis zum Ende, das war allgemein bekannt ... aber nicht bei mir. Hastig verstaute er seinen Dödel und eilte der Dame seines Herzens nach auf seinen Platz.

Die Grabesstille, die eingetreten war, als ich mit dem Messer in die Toilette gestürzt bin, war nun einem allgemeinen Gelächter und Geschmunzel gewichen.

„Zieh mich mal ab!“ Er hielt mir seinen Deckel hin. Sie drückte hastig die eben gerade entzündete Zigarette wieder aus und verließ mit Dieter die Stätte der Ungastlichkeit ohne Zögern und auf schnellstem Wege.

Die „Wiener Würstchen“ waren inzwischen heiß und geplatzt und ich konnte sie allein aufessen. Als ich das erste Würstchen dann in den Mund nahm, kam die Erinnerung wieder und ich musste ganz genüsslich lächeln, als ich hineinbiss ... 

 

Und es hat sich wirklich so zugetragen...ich schwöre...

Gerlut...

Leseprobe "Wenn ich das meiner Frau erzähle"...

 

Wenn ich das meiner Frau erzähle, … (etwa 20 Seiten davon)

 

 

Warnhinweis:  Die Geschichten aus diesem Buch sollten Sie auf keinen Fall Ihrer Frau erzählen…

  1. Weil sie Ihnen kein Wörtchen glauben wird…
  2. Weil sie von Ihnen verlangen wird, sich unverzüglich von Ihren,…bis dahin noch,…besten Freunden zu trennen…sonst geht Sie!!!
  3. Weil sie sofort ihre Mutter anrufen wird, nur um dieser brühwarm zu erzählen, das die Heirat mit Ihnen der größte Fehler ihres Lebens war…
  4. Weil jeder Stammtisch-Abend jetzt ein Höllentrip  werden wird, wenn Sie nach Hause kommen…
  5. Es besser sein wird, das Sie dieses Buch immer bei sich tragen, damit es auf keinen Fall Ihrer Frau in die Hände fällt…

Sollte dieses, trotz erhöhter Sicherheitsvorkehrungen,  dennoch  geschehen, räumen Sie das gemeinsame Konto vollständig ab, (nicht nur wie ich die Hälfte) und suchen Sie sich einen  besseren Scheidungsanwalt, als ich ihn hatte…

Für alles Weitere, kann ich nur noch viel Glück wünschen und starke Nerven…Ihr Autor „Gerlut“

  

 

 

Wo sucht eine kluge Frau die wahre Größe eines Mannes? 

Sie sucht nicht in seiner Hose, sondern in seinem Herzen.

 

Gerlut

 

  

Vorwort

 

Was geschieht, wenn sich Leidensgefährten, Freunde und Wieder-Jung-Gesellen zusammentun? Wenn sie gemeinsam versuchen, sich erneut im Leben zurechtzufinden, nachdem es ihnen ein hässliches Bein gestellt hat?

In meinem kleinen Büchlein habe ich die krampfhaften Versuche eines solch zusammengewürfelten Haufens von ganz unterschiedlichen Vertretern der Gattung „Mann“ festgehalten: ihre Balzrituale, die Fehlversuche und auch „Glückstreffer“ bei der Suche nach der großen Liebe. Reisen sie mit mir an die Orte unserer „Sehnsüchte“ und besuchen Sie mit mir noch einmal die Stätten, an denen wir glaubten Liebe zu finden.

Wir alle hatten durch einen schweren „Schicksalsschlag“ (Scheidung) plötzlich und unerwartet unsere Familien verloren. Er ereilte mich und meine Freunde fast gleichzeitig, um die berüchtigte Jahrtausendwende. Das besagte Millenniumsjahr hatte es in sich. Selbst namhafte Wissenschaftler können bis heute nicht belegen, warum gerade zu diesem Zeitpunkt alle verrücktspielten und durch geknallt sind, besonders aber die Frauen.

 Warum, haben wir uns immer wieder gefragt, musste es ausgerechnet uns treffen,…die besten Ehemänner einer kleinen Stadt im Süden Deutschlands?

 

Wie alles begann

 

Wie beginnt so eine Geschichte, auf die man eigentlich nicht vorbereitet ist und die einen wie ein Sattelschlepper überrollt, plötzlich und hinterhältig?

Ich betrieb mit großem Erfolg eine kleine Eckkneipe in unserem ebenso kleinen Städtchen im tiefen Süden Deutschlands, einer herrlichen und romantischen Weinregion zwischen Eifel und Mosel. Bier ließ sich hier aber auch gut an den Mann oder die Frau bringen, und so florierte mein Geschäft. Es ging uns gut. Wir hatten den Schritt, uns nach der Wende hier um Arbeit zu bemühen, nicht bereut. Geldsorgen hatten wir keine. Wir besaßen in unserer Stadt ein wunderschönes eigenes Haus in exponierter Lage, fast eine kleine Villa. Jeder hatte sein Auto und wie gesagt: gute Arbeit.

Meine Frau verdiente als Pflegedienstleiterin beim Roten Kreuz so gut, das einige meiner männlichen Kollegen bestimmt neidisch waren. Jedenfalls war ich stolz auf meine Frau. Eine ganz normale Sache, wenn es in einer Familie gut läuft, man sich mehr leisten kann und es aufwärtsgeht. Zumindest, bis man eine neue Idee hat. Und die hieß: Wir kaufen uns ein geeignetes Objekt für eine eigene Ausflugsgaststätte. Immer nur Pacht bezahlen, das gefiel mir auf Dauer auch nicht, zumal ich mich nach 4 Jahren als Wirt auch in der Lage fühlte, endlich ein eigenes Geschäft zu betreiben. Meine Frau brauchte sich keine Sorgen machen: Öffentlicher Dienst und pflegebedürftige Menschen würde es immer geben. Es war also für mich eine Aufgabe, die mir ja schon aus der Erfahrung heraus große Freude bereitete, weil meine Freunde und Gäste immer wieder bestätigten, dass ich der geborene Wirt sei. So begann ich, nach der „Oase“ im Grünen zu suchen. Sie sollte gut zu erreichen und nicht zu verkehrsbelastet sein, um nach einer kleinen Wanderung in der freien Natur sein Bier oder den Wein zu genießen, im Winter rustikale Räumlichkeiten haben, Erlebnisse bieten und nach der Bewirtung einen wohlgelaunten Gast wieder entspannt nach Hause entlassen.

Es war gar nicht so einfach etwas Passendes zu finden. Objekte gab es wie Sand am Meer, denn Ende der 90iger Jahre setzte ein Rückwärtstrend in der Gastronomie ein. Viele Objekte wurden aus Rentabilitätsgründen aufgegeben oder weil es an neuen Ideen haperte. Es hatte sich auch eine gewisse Gleichgültigkeit unter den Kollegen breitgemacht. Touristen kamen immer in Scharen an die Mosel und in das Umland. Sie zogen durch die Kneipen und Weinstuben und belebten das Geschäft. Und mancher Kneipier, der es verstand sein Geschäft freundlich zu führen, fuhr am Monatsende das Geld mit der Schubkarre zur Bank. Wozu also Kopfstände machen? Doch dieser eingeschliffene „Schlendrian“ wurde nun zum Hemmschuh. Solche Objekte waren „ausgelutscht“. Also suchten wir nach einem jungfräulichen Objekt: einer Mühle, einem Bauernhof oder einem Forsthaus, um es mit neuen Ideen zu einem Magnet für pflastermüde Städter zu machen. – Unsere Kinder waren die Ursache dieser Überlegung. Sie bestimmten, wo es am freien Wochenende hinging: zu einer alten Mühle im Hundsrück, etwa 40 Kilometer von uns entfernt.

Schon von Weitem waren überfüllte Parkflächen, unwegsame und aufgeweichte oder staubige Zuwege erkennbar. Aber egal! Auch wenn mancher Damenschuh im Modder stecken blieb, die Kinder waren verschwunden, ohne die Autotüren zu schließen. Sie waren in ihrem Element: Fischteiche mit Forellen, Streichelzoo mit Kaninchen, Schafe, Ziegen und Schweine lockten. Schon waren auch die Futterautomaten mit meinem Geld bestückt, um für jeweils 1 DM pro Päckchen eine Handvoll Fischfutter auszuspucken. – Wir standen daneben, fütterten mit unserem Geld die Forellen, um sie nachher teuer in der Gaststätte serviert zu bekommen, und freuten uns am Brodeln der Wasseroberfläche, wenn wieder eine Handvoll teures Futter im Teich verschwand und Hunderte Forellen gierig danach schnappten.

Zu Hause mussten wir streng auf frisches Brot achten. Eben noch beim Bäcker geholt, war es plötzlich alle, lag dann aber versteckt auf der Heizung zum Trocknen. Da waren unsere Kinder schnell und sich immer einig, denn am Wochenende ging es ja wieder zur Mühle. Und da ich immer über den Nepp mit dem Futter schimpfte, kamen sie eben auf diese glorreiche Idee. Doch die war dann noch teurer, und so kauften wir wieder Futter am Automaten ... So etwas zu erleben, das war eigentlich die Triebfeder für uns Städter: lange unwegsame Wege, raus aus den Abgaswolken der Stadt, weg von den Fassaden, an denen man täglich entlanglief, und rein in die Natur, in die frische Luft und in den Modder. Genau das wollten wir auch haben. Und unseren Gästen so etwas bieten zu können, das war mein Traum. Dazu noch jeden Sonntag Frühschoppen auf dem Mühlenhof, mit der Blaskapelle der örtlichen Feuerwehr oder dem Musikverein, mit Erbsensuppe und Bockwurst aus der Gulaschkanone und am Samstag Schwein am Spieß auf dem Hof oder ein Schlachtfest.

Hört sich das nicht fantastisch an?

Wir waren fast soweit. Wir hatten ein „Dornröschenschloss“ entdeckt, in einem Nebental der Mosel. Es war eine alte Klostermühle, traumhaft schön. Erstmals erwähnt wurde sie im 12. Jahrhundert. Die Mühle war mit Efeu bewachsen, mit dunklem Schiefer eingedeckt und besaß an den Fenstern und Türen ins Terrakotta gehende Sandsteineinfassungen. Zwei wuchtige Sandsteinpfeiler, an denen nur noch das geschmiedete Torportal fehlte, kennzeichneten die Einfahrt zum Mühlenhof, der gut und gerne 500 Gästen Platz bot. Dieser Hof war begrenzt von Bruchsteinmauern und zwei fast 20 Meter hohen Blautannen, unter denen es sich im Sommer herrlich sitzen ließ.

Ich beschreibe hier ein Paradies zwischen Pferdekoppeln, Weinbergen und einem munteren Flüsschen, das aus der hohen Eifel kommend immer noch das etwas brüchige aber noch vorhandene Mühlrad bewegen konnte. Zu mahlen gab es schon lange nichts mehr, der Mühlenbetrieb war aus Altersgründen schon lange eingestellt worden. So floss der Mühlbach reichlich in das Mühlengebäude, dann durch ein Gewölbe unter der Mühle und sprudelte neben dem Mühlhofeingang wieder munter hervor.

Es war alles vorhanden, sogar Pferde gehörten zum Anwesen. Und bei allen war dieses Aha-Gefühl zu spüren. Die Kinder wollten an diesem Tag schon nicht mehr nach Hause. Na ja! Und wir waren begeistert. – Dann ging alles sehr schnell. Es wurde etwas gefeilscht, dann waren wir uns einig und die Kinder im 7. Himmel.

Platz gab es genug, einige 100 qm zum Wohnen und für die Gastronomie. Auch alles andere klappte gut. Wir fanden Käufer für unser Haus, gute Käufer, und hatten Geld übrig für die anfallenden Arbeiten in und an der Mühle. Es ging voran. Wohnräume wurden ausgebaut, renoviert, saniert und die untersten Räume für gastronomische Zwecke hergerichtet – für ein kleines Mühlenhofkaffee, eine Weinprobierstube, ein kleines Bistro und eine Backstube. Der Backofen und der Backraum strahlten mittelalterliches Flair aus. – Ich falle heute noch ins Schwärmen und dabei währte dieser Traum eigentlich keine zwei Jahre.

Der Februar rückte näher und damit auch mein 50. Geburtstag. Geschuftet hatten wir genug, alles neben unserer eigentlichen Arbeit. Nun war es äußerlich nicht nur ein kleines Gut, auch innerlich strahlte alles in neuem Gewand. Nur ein großer Toilettentrakt fehlte noch. Die Erdinger-Brauerei hatte schon einen Container mit Biergartenmöbeln für etwa 200 Gäste geliefert. Alles war gerichtet. Und so entschieden wir uns, Anfang Juni zu eröffnen.

Zu den 4 Pferden hatte ich für die Kinder noch ein Pony und zwei Esel angeschafft, und hier lag der „Hund“ begraben. Neben der Bauerei, den Vorbereitungen zur Eröffnung, den ganzen Behördengängen, der Organisation und meiner eigentlichen Arbeit, fand ich kaum Zeit mich um die Tiere zu kümmern. Zwar halfen die Kinder, aber es gab auch schwere Arbeiten, wie Ausmisten, Pferde pflegen oder die Koppel in Ordnung halten. Davor hatte ich kapituliert, aber dann doch eine Lösung gefunden. – Ein Freund, ehemaliger Arbeitskollege und Gast in meiner Kneipe hatte mit mir schon öfter über Pferde gesprochen. Sie waren auch seine große Leidenschaft. Als er dann noch von der Mühle und den Pferden hörte, war er nicht mehr zu halten und gab nicht eher Ruhe, bis er alles gesehen hatte. Immer wieder bekundete er seine Begeisterung. Da er nun wirklich Sachverstand zeigte, machte ich ihm den Vorschlag, seinen schon lang gehegten Traum bei uns zu verwirklichen, sein eigenes Pferd unterzustellen und sich im Gegenzug um alles „Tierische“ zu kümmern.

Das ging zu Anfang ganz gut, ich war entlastet und musste nicht noch an den freien Tagen ausmisten oder Futter besorgen. Er kümmerte sich wirklich hingebungsvoll um die Tiere. Später dann auch um ...

Da Tochter und Frau sehr unbedarft waren, was das Reiten betraf (die Tochter weniger, sie konnte reiten), gab er auch beiden noch Reitunterricht: kostenlos. Versteht sich doch unter „Freunden“.

Wir feierten meinen 50. in meiner kleinen und gemütlichen Kneipe. Alle waren angereist: Familie und Schwiegereltern, Freunde und Bekannte. Es war eine schöne Feier. Es wurde getrunken, gesungen und wieder getrunken. Alle fühlten sich wohl.

Mit 31 Jahren hatte ich meine Frau kennengelernt und war heute noch so verliebt wie damals: nicht ganz so stürmisch, aber die tiefe Zuneigung war da. Auch mein Freund war da und feierte fröhlich mit. Doch ich hatte mir einen riesen „Hecht“ in meinen Karpfenteich gesetzt. Er war ein richtiger Frauentyp: gut aussehend, ein fröhlicher Plauderer und charmant. Ich konnte ihm, was seine Wirkung auf Frauen betraf, nicht das berühmte Wasser reichen. Und was ich ihm auch nicht ankreiden konnte, dass sich meine Frau in ihn verliebte. Wenn eine Frau weiß zu wem sie gehört und nicht bereit ist den berühmten Sprung zur Seite zu machen, kann der Mann sich die Zähne ausbeißen. Wie ich es heute einschätze, war die Initiative wohl zum Großteil von ihr ausgegangen. Sie hatte sich in den smarten Reitlehrer verguckt.

Am Anfang war die Tochter bei den täglichen gemeinsamen Ausritten noch mit von der Partie, dann wurde es weniger. Oft ritten die beiden allein durch Feld, Flur und Dorf. Wobei mich mal ein Bekannter aus dem Dorf fragte: „Kann deine Frau nicht grüßen, wenn sie hoch zu Ross durch´s Dorf reitet?“ Sie hatte deshalb im Ort schon den Spitznamen „Gräfin“ bekommen. Auf jeden Fall merkte ich die Veränderung an ihr zu spät. Ich war zu sehr auf die Eröffnung unserer schönen Ausflugsgaststätte konzentriert. Das Aufziehen schwarzer Gewitterwolken hatte ich erst im April mit einer Aussprache versucht abzuwenden. Und da entlud sich die Spannung. Ihr Argument war eine herbeigezogene Schutzbehauptung: „Ich habe keine Lust, mein restliches Leben nur in der Gastronomie zu verbringen! Von der Arbeit kommen und ab hinter den Tresen. Ich bin noch zu jung (sie war 9 Jahre jünger als ich), um hier zu versauern. Ich will von dem schönen Geld etwas haben, das ich verdiene, mir mehrere Reisen im Jahr leisten, endlich leben!“

Ich konnte nicht viel dazu sagen, ich war wie vom Blitz getroffen. Ich unterstellte ihr ein Verhältnis mit diesem „Stallburschen“. Das war natürlich alles nur Einbildung, ein Hirngespinst und gar nicht wahr. Sie wurde wütend und steigerte sich in einen mir sehr bekannten Rausch der Gefühle. Denn nun war es schon ihr zweiter Seitensprung in unserer Ehe. Der erste war eigentlich längst verarbeitet und verziehen. Damals hatte ich ihren Liebhaber, übrigens auch ein sehr guter Freund des Hauses, zur Rede gestellt und windelweich geprügelt. Der hatte dann alles kleinlaut zugegeben. All die Lügen und die angeblichen Erledigungen, die sie für ihre Treffen erfunden hatte, all das platzte wie eine Seifenblase. Natürlich muss ich mich fragen lassen, warum da noch nicht Schluss gewesen war? Vielleicht nur, weil sie meine ganz große Liebe war und ich auch einen Teil der Schuld mittrug. Sie wollte sich nach der Blamage der Enthüllung mit starken Herzmedikamenten aus dem Leben schleichen. Tabletten, die sie von Berufswegen kannte und aus dem Pillenschrank ihrer Oma genommen hatte. Ihre Großmutter kam damals ganz aufgeregt zu mir: „Deine Frau ist wie eine Wilde vom Hof gerast.“ Natürlich hatte sie etwas von unserem Streit mitbekommen. „Sie hat meine ganzen Herztabletten mitgenommen, hoffentlich tut sie sich nichts an!“ Dann ging alles sehr schnell. Ich stürzte in mein Auto, suchte den „Pharisäer“ auf und schüttelte ihn durch. Und aus Angst, es könnte eine nächste Tracht Prügel setzen, gab er den Aufenthaltsort meiner Frau preis. Es war in einem Wald, wo sie sich heimlich zu ihren „Schäferstündchen“ trafen, gar nicht mal so weit von unserem Dorf entfernt. Wie oft bin ich hier auf der Suche nach ihr vorbeigefahren. Jetzt stand ihr Auto auf der Waldlichtung und sie lag reglos auf dem Sitz hinter dem Lenkrad. Sie war nicht ansprechbar.

„Du fährst mein Auto zurück, sagst den Kindern und der Oma aber nichts, das mach ich anschließend, und ich fahre sie ins Krankenhaus!“, brüllte ich ihn an.

Das Arschloch stand zittern vor Angst daneben.

„Ich wollte das nicht, glaub mir, ich wollte das nicht!“

„Mach Platz!“ Ich schob ihn beiseite. „Fahr endlich! Und kein Wort zu den Kindern. Die sind viel zu klein, um diese Scheiße hier zu verstehen!“ Ich klappte den Beifahrersitz nach hinten und zog sie hinüber. Halb liegend war sie am besten zu transportieren. Der Motor heulte auf und ich jagte von der Lichtung. Das Arschloch stand immer noch wie versteinert da, Tränen überströmt. 20 Kilometer waren es bis zum nächsten guten Krankenhaus. Es war später Nachmittag. Die Waldwege waren staubig, aber gut zu fahren. Es hätte keiner unverhofft auf die Straße springen dürfen. Das Gaspedal klebte am Boden fest. In den Kurven des Kopfsteinpflasters der kleinen Dörfer, durch die wir rasten, hörte ich die Reifen quietschen. Alles flog vorbei wie in einem Traum, den ich unbewusst erlebte. – In der Notaufnahme war der Ernst der Situation sofort erkannt worden. Ab in den OP und Magen auspumpen.

„Sie hätten nicht später kommen dürfen!“, sagte der Arzt.

Zwei Stunden hab` ich gewartet, dann kam der Arzt noch mal: „Es ist noch einmal gut gegangen, aber ein paar Tage bleibt sie zur Beobachtung hier.“ Das Kuriose war, dass dieser Arzt auch ihr Ausbildungsarzt gewesen war, als sie in diesem Krankenhaus zur Schwester ausgebildet wurde. So schließt sich immer wieder der Kreis, und nun stand ich wieder vor einem Scherbenhaufen. Nur hatten wir hier sehr viel Geld investiert. Meine berufliche Zukunft war damit im Eimer.

Ich war jetzt seit 2 Monaten 50. In 2 weiteren Monaten sollte Eröffnung sein. Alles ging den Bach runter, hier sogar den Mühlbach. Was macht man da? – Erst einmal nichts, rein gar nichts. Man säuft drei, vier Tage. Man lässt sich gehen, zerfließt in Selbstmitleid und fleht sie ein paar Mal an, es doch noch einmal zu versuchen. Ich erntete nur noch Hass und fiel dann auch noch vom Dach: platsch, mitten auf die Straße. Aber der liebe Gott wollte mich noch nicht. – Ein kräftiger Sturm hatte Äste auf das Wohnhausdach geweht, dazu war noch leichter Schnee gefallen, nass und schmierig, so ein richtiges Aprilwetter. Bevor ich zur Arbeit fuhr, mussten noch schnell die Äste vom Dach runter. Also die Leiter aufstellen, schräg an die Dachrinne, und dann hoch. Der Ast sah von unten nicht so groß aus, lag aber über dem First. Ich musste ziehen, doch das Ding war hartnäckig. Ich stemmte mich gegen die Leiter. Die rutschte auf dem nassen Schnee weg und ich mit. Zum Glück war es keine große Höhe, nur etwa 4 Meter bis zur Rinne. Das reichte aber schon. So kam ich auf der Straße an, knallte auf die Leiter am Boden und der Ast mir auf den Kopf. Herrlich! Ich hätte jubeln können. Mit 50 vom Dach segeln, wie schlau ist das denn?

Alles schmerzte, nur gebrochen schien nichts zu sein. Ich lag noch 10 Minuten reglos da, es nieselte wieder feuchte Flocken. Dann wurde es ungemütlich und von unten kalt und nass. Aufstehen ging nicht, ich war wie gelähmt. 20 Meter weiter war die Eingangstür, bis dahin musste ich es schaffen. Auf allen Vieren bis dorthin, und kein Mensch, der hier vorbeikommt. So ging es Stück für Stück. Tür auf und in den Flur auf den Läufer, erst einmal im Trocknen und im warmen Haus. Von hier noch ein kleines Stück bis in unser Schlafzimmer, das seit unserem Streit jetzt mir allein gehörte. Sie war ins Zimmer der Tochter gezogen und ging mir aus dem Weg. Mit letzter Kraft zog ich mich ins Bett. Mich völlig auszuziehen hatte ich auch keine Kraft, nur noch die nassen Hosen, dann die Decke über den Kopf und auf die Schmerzen warten. – Dann stand sie in der Tür. Sie war von Arbeit gekommen, hatte mein Auto noch stehen gesehen und war nun neugierig.

„Warum bist du nicht zur Arbeit? Auf der Straße liegt quer die Leiter, wäre fast darüber gefahren. Was ist los?“ Jetzt hatte ich wieder Hoffnung, denn erstens redete sie wieder mit mir und zweitens hatte sie ja den Hippokratischen Eid abgelegt, was Hilfe bedeuten würde.

„Bin nur ein bisschen vom Dach gefallen.“

„Hast du was gebrochen?“

„Weiß ich nicht, es schmerzt nur alles.“ Ich erzählte ihr, was passiert war. Sie stand immer noch in der Tür, ohne einen Schritt in unser Schlafzimmer zu machen. In den Raum, der uns oft glücklich gesehen hat, bis zu unserem Streit.

„Was suchst du alter Zausel auch auf dem Dach?“ Das war alles, was sie zu dem Geschehen verbal beisteuerte. Sie drehte sich um und damit war der Fall für sie erledigt. Keine Hilfe und auch kein Angebot für Essen oder Trinken. Das bedeutete, es war endgültig aus, nichts mehr zu löten an der Kiste.

 

Die Scheidung kam auf mich zu

 

Es hat noch einige Wochen gedauert, ehe die seelischen Schmerzen abgeklungen waren. Der Frühling, der ins Land ziehende Sommer und die Ablenkung durch die Arbeit in der Kneipe, das alles war ganz gut für mich und trug dazu bei, mich erst einmal wieder zu fangen. Dass die Sache nicht mehr umzukehren war, habe ich gemerkt, als die Schlösser gewechselt wurden und ich nach Hause, aber nicht mehr rein kam. Sie hatte mitbekommen, dass ich eine kleine Wohnung von einem Freund bezog. Ihrer Schlussfolgerung nach hatte ich nun kein Recht mehr in der Mühle zu wohnen. – Die schwere, große Eingangstür gab krachend nach und ich bezog wie ein Dieb mein Schlafzimmer, in dem sich nun alle privaten Dinge von mir angesammelt hatten. Statt früh zur Arbeit zu fahren, schnappte sie die Kinder und fuhr zur Polizei, um Anzeige wegen Hausfriedensbruch zu erstatten. Der protokollierende Beamte rief mich am Nachmittag an und beschwor mich, gegen meine Frau auf keinen Fall auch noch handgreiflich zu werden. Ich hätte das Recht dort zu wohnen, solange wir nicht geschieden sind und ich noch nicht eine andere Wohnung genommen habe. Das hatten sie meiner Frau auch klar gemacht. Sollte ich jedoch noch einmal Gewalt anwenden, egal welche, dann würden sie sich noch einmal melden.

Ich Idiot! Jetzt hatte ich endlich die Kopfnuss bekommen, um aufzuwachen. Mit dieser Frau war kein Blumentopf mehr zu gewinnen. Das bedeutete ausziehen und Scheidung beantragen, wobei sie mir natürlich zuvor gekommen ist. Sie war einfach schneller. Als ich die Anwältin meines Vertrauens anrief, schüttete die mir auch noch einen Eimer kaltes Wasser über: „Es tut mir sehr Leid, aber ich kann sie nicht vertreten! Gestern haben wir schon den Klageantrag ihrer Frau übernommen.“

Da hatte ich wieder in die berühmte „braune Masse“ gegriffen und musste mir einen anderen Anwalt suchen. Einen, der dieser Männer mordenden Anwaltshyäne auch gewachsen war. Doch diese Anwälte waren rar gesät in unserem Städtchen. Ich machte also den nächsten verheerenden Fehler und wählte einen Gast meines Vertrauens. Seines Zeichens war er Anwalt und eine „Blindpeese“, wie ich zum Schluss traurig feststellen musste. Die ganze Chose kostete mich unendlich viele Nerven, Kraft und Geld. Ein Mittelklassewagen ging dabei über den Tisch, immer in Scheinen und in einem Couvert, ganz anonym und diskret. Er war ja schließlich ein guter Gast und ein Thekenfreund. Wie er das mit dem Finanzamt deichselte, war mir egal, dafür war er ja Anwalt und vereidigt. – Aber noch war es nicht soweit. Das verflixte Trennungsjahr stand ja noch aus, und so ein Jahr konnte lang werden.

Je mehr ich die Sache in Ruhe betrachtete, umso mehr geriet ich in Fahrt, aus dem ersten Wehmutsgeheul wurde langsam massive Wut. Was da wirklich passiert war, kam mir langsam zu Bewusstsein. Sie hatte nicht nur meine Existenz zerstört und die Familie. Nein! Auch ein Millionenvermögen ging den berühmten Mühlbach runter. Da sollte man keine Magenkrämpfe und Wutanfälle bekommen? Meine Fantasien spielten verrückt. Von Rache bis Selbstmordgedanken drehte sich mir alles im Kopf. Doch es passierte nichts. Ich war vielleicht ein zu friedlicher Vertreter meiner Gattung, ich kannte keine Gewalt oder Gemeinheiten. All die Jahre hatte ich nie die Hand gegen sie erhoben, sie nie betrogen oder war mal fies zu ihr gewesen, also konnte ich es jetzt auch nicht. Deshalb verdrängte ich diese bösen mordlüsternen Gedanken und schlug eine andere Richtung ein, denn eine Stimme sprach neue Töne zu mir: „Gerd, du Trottel! (Ich sagte du zu mir, weil ich mich ja nun schon 50 Jahre kenne) Gerd, du Idiot! Hast dich fast 20 Jahre für die Familie abgerackert, gewühlt und es zu Vermögen und Ansehen gebracht. Das hat sie mit ihrem Fleiß natürlich auch, aber organisiert hast du. Und der Mann mit den Ideen, das warst auch du. Mit allem hast du übertrieben. Statt ein Haus zu bauen, einen Sohn zu zeugen und einen Baum zu pflanzen, hast du in deinem Leben drei Häuser gebaut, dazu noch mal zwei um- und ausgebaut, hast drei Söhne und eine Tochter gezeugt und ein paar Tausend Bäume gepflanzt. Auch wenn es nur kleine Tannenbäumchen waren, zählen sie doch als „Baum“. Du hast dir nie selbst was gegönnt und alles für die Familie und mit der Familie geteilt. Und was hast du jetzt? – Fang endlich an zu leben! Gönn dir endlich was, noch ist Geld da! Du brauchst mal einen richtigen Urlaub, so mit Sonne, Strand und Weibern (was ist das?). Erfüll dir den großen Traum, ein Motorrad! Jetzt brauchst du keinen Beiwagen mehr, die Familie ist weg. Lass dich tätowieren, hast dich nie getraut! Und lass dir endlich einen goldenen Ohrring ins Ohr ziehen, als Zeichen deiner Freiheit! Den „Nasenring“ hattest du 17 Jahre drin.“

Die Stimme hämmerte ein paar Tage auf mich ein und verstummte abrupt, als ich vor meinem Traum stand. Endlich wieder ein eigenes Motorrad. Der Wunschtraum vieler Männer, die die Freiheit und den Wind um die Nase genießen wollen. Da stand sie, chromblitzend, mit Nebelscheinwerfern und einer großen Frontscheibe. So wie ich es aus den amerikanischen Filmen kannte, im dunklen metallic grün, mit großen schweren Satteltaschen an den Seiten, wassergekühlt und überall Chrom. Mit dem Druck auf den Startknopf erfüllte ein sattes Bullern die mit einer riesigen Glasfassade ausgestattete Ausstellungshalle des Autohauses, eines der renommiertesten BMW Autohäuser weit und breit. Hier gehörte man dazu. Ich noch nicht ganz, denn ein arroganter junger Schnösel im dunklen Anzug blickte etwas mitleidvoll auf mich und zog den Schlüssel ab. „Es ist ein Sondermodell, die kostet eine Kleinigkeit.“

Ich ließ ihn links liegen, Luft für mich, und ging direkt in das Büro vom Chef. Ein älterer, schlanker, großer, schon grauhaariger und sehr freundlicher Chef reichte mir die Hand. „Was kann ich für Sie tun?“ Ich kannte ihn vom Sehen, er war beliebt in der Stadt und als seriöser Geschäftsmann bekannt. Dass ich mich für ein Motorrad interessierte, schien ihm nicht entgangen zu sein.

„Sie interessieren sich für die grüne Schopper, ein wunderbares Modell. Eine Steigerung ist nur schwer möglich. Wenn Sie diese Maschine in bar kaufen, sind noch ein Helm Ihrer Wahl, ein voller Tank und eine Versicherung für das erste halbe Jahr inklusive.“

Es jubelte in mir. Ohne mir etwas anmerken zu lassen, zog ich ein Bündel Hunderter aus der Tasche: „Natürlich in bar, denn Bares ist Wahres. Ich bin auch Geschäftsmann!“ Ein wunderbar warmes Gefühl durchrieselte mich: „Nur gibt es ein Problem.“

Sein Gesicht streifte das Lächeln ab: „Welches Problem? Man(n) kann doch über alles reden!“

Ich ließ ihn ein paar Sekunden zappeln: „Ich hätte gerne mal mit dem „Baby“ eine Probefahrt gemacht, bevor ich sie kaufe. Ihr etwas unfreundlicher Verkäufer scheint da anderer Meinung. Sie verkaufen die Maschinen nur ohne Kilometerstand auf dem Tacho?“ Das warme Gefühl war jetzt stärker. Ich erfreute mich an seiner Gesichtsverfärbung, die von leicht Rosa in ein fahles Grau wechselte. Er pfiff durch die Zähne und winkte dem dunklen Anzug, der wie ein Terrier die ganze Zeit vor dem Büro gestanden hatte. „Bei Fuß“ erklang leider nicht. Nein, der Pfiff und ein Wink mit der Hand beförderten den Anzug vor den Schreibtisch. Aus dem Terrier war ein „besechter Pudel“ geworden. Das Lächeln auf dem Gesicht des Chefs war wieder da, aber hinter dem Lächeln sah man den „Dampfkessel“, der jeden Augenblick lospfeifen konnte.

„Der Kunde möchte eine Probefahrt machen, organisieren sie das! Und er soll sich einen Helm aussuchen, der ist gratis, auch wenn er die Schopper nicht nimmt!“ Der Ton war unmissverständlich und für Nachfragen oder Einwände nicht mehr belastbar. Er wandte sich mir zu. „Wir als Geschäftsleute werden uns doch wohl einig werden, oder?“ Er schüttelte mir die Hand. Das Gefühl war nun nicht mehr zu beschreiben. Ich eilte dem Anzug hinterher und kam erst wieder auf der Straße zur Besinnung. Ein sattes Dröhnen unter mir, der Fahrtwind, das in der Sonne blitzende Chrom und die Blicke der Passanten entschädigten mich fast völlig für die letzten Wochen, für den Sturz vom Dach und die bösen Gedanken. Schade, dass ich keine Sirene dran hatte.

 

Ein super Urlaub

 

Meine Gaststätte lief sehr gut und ernährte mich ausreichend. So begann ich, einen schönen Urlaub zu planen. Ich ließ mich jetzt von der „Stimme“ leiten und beschloss, einen Vorschlag nach dem anderen abzuarbeiten. Das mit dem Motorrad war schon mal der „Hammer“..........

 

Wie es weiter geht?? Kontakt mit mir aufnehmen... es gibt noch weitere 217 Seiten..

Vorwort zum 3. Teil der Trilogie „Wirtshausgeschichten“  von Schmunzelbuchautor Gerlut

 

„ Ich trink Dich schön …“

 

Dieser Band ist der dritte Teil einer überaus amüsanten Trilogie von „Wirtshausgeschichten“, die mir erzählt wurden, die ich in meiner Kneipe gehört, selbst erlebt oder an denen ich mitgewirkt habe. Nicht alle gingen immer zum „Vorteil“ der Beteiligten oder meiner Wenigkeit aus, besonders wenn Liebe und Sex im Spiel waren. „Alkohol macht Birne hohl“, das war wohl die durchschlagendste Erkenntnis meines Daseins als Jugendlicher und später auch als Gastwirt, was mehr oder weniger aus reiner „Gefälligkeit“ zu meinem Beruf wurde. Dass man dabei mit lustigen Episoden, menschlichen Tragödien, bösen und heiteren Späßen konfrontiert wird, versteht sich von selbst. Da schafft es zum Beispiel eine völlig verpeilte junge Frau, im Wirtshaus Unruhe zu stiften. Rache macht eine Karnevalfeier zu einem stinkenden Desaster. Einer (also ich) zog ins „Mädchen-Paradies“ ein. Ein Wohnungsbrand besiegelt die Freundschaft zu einem Kollegen. Ein ungewöhnlicher Filmdreh auf unserem Gutshof. Und wie Russen im Wirtshaus den Zweiten Weltkrieg nachspielten. Aber ich nehme Sie auch wieder mit in den Dorfkrug „Zum Grünen Baum“ oder an andere Stätten des guten altbürgerlichen Biergenusses, der Geselligkeit und der Nachrichtenbörse, um Ihnen kleine erbauliche Geschichten aus dem Leben zu erzählen. Das und mehr erwartet den geschätzten Leser, auf heitere Weise erzählt. Nach „Erotik aus dem Bierhahn“ und „Wenn ich das meiner Frau erzähle“, werden Sie auch in diesem Buch wieder Ihren Spaß haben und herzhaft lachen!

Und hier eine kleine Leseprobe ...  Seite 23 - 40

Mit Taubheit geschlagen

 

Ich habe im Leben vieles ausprobiert, um dieser bösen Krankheit „Einsamkeit“ zu entgehen. In jüngeren Jahren bedurfte es da keiner großen Anstrengung, wenn man in das Beuteschema von Frauen passte. Ich hatte zu der Zeit die entsprechenden „Rastermaße“, auf die Frauen stehen: 1,90 m, 90 Kilo und durch Training bei der Armee entsprechende Muskeln, kein rundes Gesicht wie heute, nein, kantig und markant. Alles in allem war ich eine ansehnliche Erscheinung, bei der die Frauen auch in der S-Bahn oder Straßenbahn extra hinsehen würden. Das Festhalten an der oberen Haltestange war ideal geeignet, um Aufsehen zu erregen.

Bei meiner Größe hing man nicht daran wie ein nasser Sack. Der Arm war im rechten Winkel angelegt und der Bizeps quoll im T-Shirt hervor, wie die Oberschenkel mancher meiner Artgenossen. Von denen erhaschte ich nicht nur die neidischen Blicke und ein Ehrfürchtiges zur Seite treten und Platz machen, nein, es waren die Blicke der Frauen, die auf diesen Muskeln ruhten und dann an mir herunter in den Schrittbereich glitten. Wenn ich mir da jetzt noch eine Salami reingesteckt hätte, nicht auszudenken. Viele der Damen wären bestimmt erst dann ausgestiegen, wenn ich es getan hätte. Ich hatte auch keine Bedenken, lange allein zu bleiben. Es ergab sich immer eine Gelegenheit, mit ein paar lustigen Sprüchen das Eis zu brechen. Oder im umgekehrten Fall sprachen mich Frauen an, ohne mich „schön trinken“ zu müssen. Nüchtern und schon nach kurzer Zeit saß ich aufgrund einer Einladung mit einem Drink neben ihnen, oder ich lud mich mit den obligatorischen zwei Gläsern selbst ein.

Das Alter zwischen 30 und 40 ist eine herrliche Zeit. Man ist vital und gut drauf, auch oftmals gut drunter.

Es hätte noch bis heute so weitergehen können, wäre da nicht mein angeborener Hang zur Familie, zur Geborgenheit in den eigenen vier Wänden. Damit verbunden war auch die Treue. Für mich war die Beziehung heilig, zumal auch 2 Söhne unseren gemeinsamen Weg in der ersten Ehe begleiteten. Treue ist eine Grundregel in der Beziehung, wenn man sie selbst verinnerlicht hat. Hat der Partner diese Einstellung aber nicht, dann kommt unweigerlich der Crash. Den hatten wir nach 7 Jahren, dem verflixten 7. Jahr. Die vorhergehenden Jahre verliefen solange harmonisch, bis ich endlich aufwachte bzw. von einem Freund aufgeweckt wurde.

Begonnen hatte es in der Armeezeit, fern der Heimat und frisch verheiratet. Ich frage mich heute noch, wie ich zu dieser Frau gekommen bin. Sie war eine absolute Schönheit. Sich dessen bewusst, war sie auch schnell den Umgarnungen von Männern erlegen. Auf jedem Tanzboden wurde sie angehimmelt. Und manche ganz hart gesonnene Vertreter störte dabei nicht mal meine Anwesenheit. Ich Idiot war auch noch stolz wie ein Gockel, diese Frau meine Frau nennen zu dürfen, bis ich die ganze Wahrheit erfuhr.

Ich hatte mich immer über das vielsagende Lächeln der bearbeitenden Beamten gewundert, wenn ich zum Einwohnermeldeamt der Kreisverwaltung kam, um Papiere, Dokumente oder sonstige Formalitäten zu erledigen. „Ach, Sie sind der Herr L …! Ist das Ihre Frau, die bei uns arbeitet?“

„Ja, warum?“

„Ach nur so!“ Und das Grinsen wurde stärker.

Ich dachte immer, die freuen sich, dass so eine schöne Frau ihren dunklen Beamtenalltag etwas freundlicher gestaltet. Das hat sie auch, aber sie hat auch manchem Abteilungsleiter das triste Schreibtischleben (darauf liegend) verschönt, wie sich nach Jahren in einer erneuten Krise herausstellte. Das Komische oder auch Tragische dabei war, dass die guten Kumpels, die es die ganze Zeit wussten, erst dann mit der Sprache rausrückten. Schlimm war nur, wir hatten zusammen ein altes Bauernhaus erworben, das ich in jeder freien Minute um- und ausgebaut habe.

„Du musst mal zu Hause vorbeifahren, und wenn dann ein bestimmtes Auto bei euch steht, dann geh mal rein!“ Ein Arbeitskollege meinte es „nur“ gut mit mir. Ich fuhr nach Hause. Von Weitem schon sah ich das Auto, ging die letzten 100 Meter zu Fuß, still und leise, und in der Küche saßen sie dann. Sie saß auf dem Schoß eines der besser gestellten Dienstgrade ihrer Verwaltung, bei denen es nicht so auffiel, wenn sie einmal eine längere Frühstückspause machten.

Wie die aufgescheuchten Hühner stoben sie auseinander, als ich die Küchentür öffnete, aber es reichte für mich aus. Vom Stuhl bis auf den Hof hatte der Bursche keine Bodenberührung mehr. Erst beim Aufschlag auf das Hofpflaster, die Jacke noch in hohem Bogen hinterher und den wütenden Befehl: „Komm mir nicht noch einmal in die Quere, dann kommst du nicht so davon!“ Er rannte wie ein gehetzter Hase vom Hof.

Er hatte wohl nicht den Anteil Schuld an der Liaison, denn wenn eine Frau mit zwei Kindern weiß zu wem sie gehört, dann kann er sich die Zähne ausbeißen. Sie wusste es aber nicht, hatte auch aus den Streitigkeiten der Vergangenheit nichts gelernt. Wir hatten es noch einmal versucht, neues Heim, neues Kind nach 6 Jahren und neue Liebe … Aber die Katze lässt das Mausen nicht. Hat sie auch später nicht. Einige Ehen sind ihr noch zum Opfer gefallen. Die Kinder hatten in dieser Zeit 3 verschiedene Familiennamen, bis sie alt genug waren und den Geburtsnamen der Mutter angenommen haben. Vielleicht auch, um diese unrühmliche Zeit der ständigen neuen Unruhen abzuschütteln. Es war eine Zeit, die heute mit der Erfahrung des Alters betrachtet voller Wirrungen war. Ich glaube aber, dass sie zum großen Teil unserer Jugend und der Unerfahrenheit geschuldet war.

Der Spruch: „Ich war jung und brauchte das Geld“ traf jetzt zu. Denn was ich hatte, steckte in dem Haus, das sie natürlich wegen der Kinder behielt. Auszahlen konnte sie mich nicht, sodass ich wieder mit leeren Taschen das Anwesen verlassen durfte. Und in der Situation kann man sich natürlich auf die Freunde verlassen. „Alter, ich kenne da ein Mädchen 10 Kilometer von hier auf einem Dorf. Die hat richtig viel Geld, nicht nur eine große Bäckerei der Eltern, die hatten auch vor kurzer Zeit einen Lottogewinn.“ Damals lagen die Gewinne noch nicht im Millionenbereich, aber so um die 150.000 waren es wohl, und das war zu der Zeit verdammt viel Geld. Da gab es eigentlich nicht viel zu überlegen. Der Ratgeber vereinbarte ein Treffen mit dem Mädchen, schließlich wohnte er auf dem Dorf, war mein Arbeitskollege und vertrauenswürdig. Er fädelte das erste Treffen ein und ich vertraute seinen Beschreibungen.

„Sie ist auch die einzige Tochter, hat noch zwei Brüder und einen schwerhörigen Vater. Na ja, wie ich dich kenne, kriegst du das schon geregelt.“ Er grinste, klopfte mir auf die Schulter und wünschte mir Glück. „Die Alten haben den Gewinn auf die Kinder aufgeteilt, sie haben selbst genug Knete durch die Bäckerei. Und sie hat ein eigenes Häuschen, neu gebaut im Dorf.“

Ich harrte also der Dinge, die da kommen sollten. Sie wollte sich ohne zu zögern mit mir treffen. Am Sonntagnachmittag wollte ich sie abholen und mit ihr einen Kaffee trinken gehen, in einem Lokal meiner Wahl. Das Seebadcasino in Rangsdorf hatte ich ausgesucht, ein seit Kaiserszeiten bekanntes und renommiertes Ausflugslokal der Berliner im südlichen Berliner Randgebiet: erhaben und stilvoll eingerichtet, ehrwürdige Atmosphäre und mit einem sehr zuvorkommenden Service. Ich kannte den Wirt, seine Bedienung und einige Stammgäste sehr gut. Hier konnte man in aller Ruhe plaudern. Die erhabene Ausstattung, die dicken Teppiche und schweren Vorhänge dämpften jede Unterhaltung. Es war der ideale Ort für ein erstes Kennenlernen.

Aber erst mal die „Herzdame“ abholen und sehen, ob zu dem Lottogewinn auch alles andere passte. Die Bäckerei im Nachbarort war für seine sehr guten Backwaren allgemein bekannt, ein altes Familienunternehmen vom Seniorchef noch selbst mit fast 70 Jahren liebevoll geführt. Mein Kumpel hatte mich wohl schon angemeldet, denn die Chefin, eine große beleibte Frau mit roten Wangen, die Haare zu einem strengen altdeutschen Dutt geknotet, empfing mich sehr überschwänglich: „Sie sind also der Gerd und wollen zu unserem Röschen?“

Sie musterte mich auffallend, und ich muss wohl die optische Prüfung sehr gut bestanden haben, denn ebenso überschwänglich und mit einem breiten Lächeln bat sie mich ihr zu folgen. Wir also raus aus dem Verkaufsladen und auf den Hof der Bäckerei. Der Duft von Teig, Gewürzen und Kuchenzutaten lag hier überall in der Luft, ein sehr angenehmer Geruch. Ich hatte ihn schon als Kind genossen, wenn ich mit den Großeltern die fertigen Kuchenbleche zum Hausbäcker bringen durfte. Auf dem Handwagen verstaut durfte ich mit ziehen. Vier manchmal sogar fünf Bleche mit allerlei Sorten Blechkuchen wurden früher an Festtagen in die Backstube zum Ausbacken gebracht, nur dass ich hier keinen Handwagen ziehen musste. Ich war erwachsen, gerade wieder frei und wollte statt des Ziehens ein Mädchen abschleppen. So ändern sich die Zeiten.

Wir waren an der Backstube angekommen und die „Bäcker-Mamsell“ steckte ihren Kopf in die Tür. Mit kräftiger Stimme rief sie nach ihrem Röschen: „Annerose! Wenn du dich gewaschen hast, wartet dein Freund auf dich!“ Ich stand jetzt neben der korpulenten Bäckerin und schaute durch eins der kleinen Fensterchen der Tür des Torbogens. Im Inneren wusch sich eine langhaarige junge Frau gerade über einem Eimer den Oberkörper: Arme, Hals und Gesicht. Von langen, schwarzen Haaren verdeckt sah ich nur einen wohlgeformten Frauenkörper in einem weißen Unterkleid. Sie schüttelte ihre langen Haare wie unsere vierbeinigen Freunde nach dem Bad, legte sie mit einem Handtuch zu einem Turban über dem Kopf zusammen, lachte zu uns herüber und trocknete sich ebenso laut antwortend ab: „Ich bin gleich fertig, mach ihm einen Kaffee, ich komme rüber!“ Die Bäckersfrau schloss die Tür und schlurfte wieder über den Hof, über den alten mit Kopfsteinpflaster ausgelegten Innenhof.

„Was machen Sie beruflich?“, fragte sie mich wieder so laut, als ob sie jemanden rufen würde. Sie hatte mein Zusammenzucken bei der Lautstärke wohl bemerkt. „Unser Vater und Chef ist schwerhörig, schon seit vielen Jahren. So müssen wir eben etwas lauter sprechen. Und nun steckt das so drin. Sie müssen entschuldigen!“

„Das ist doch nicht schlimm!“, erwiderte ich. „So versteht man wenigstens deutlich beim Verkauf, was man zu zahlen hat.“ Ich grinste in mich hinein, während wir im hinteren Raum des Ladens einen guten starken Kaffee genossen. Ich befriedigte die neugierige, angehende Schwiegermutter mit den entsprechenden Antworten auf ihre immer neuen Fragen. Mit einer sogenannten Tiefenprüfung und der Auskunft, dass ich ja viele Jahre eine leitende Funktion aufgrund eines Ingenieurstudiums innegehabt hatte, war wohl das Eis gebrochen. So bekam ich auch noch einmal ganz überschwänglich Kaffee nachgeschenkt, bis das langhaarige Wesen in der Tür stand, die Haare jetzt allerdings zu einem langen Zopf auf dem Rücken gebunden. Ich habe nie verstanden, wie Frauen das in kurzer Zeit an sich selbst so kunstvoll bewerkstelligen können.

Annerose strahlte wie die Sonne, musterte mich, wie die ganze Zeit schon ihre Mutter, und drückte mir einen Willkommenskuss auf die Wange. „Jürgen (das war mein Kumpel) hat dich als groß beschrieben, aber jetzt muss ich sogar noch zu dir aufsehen.“ Sie lachte laut und herzhaft. Ihr Äußeres war gefällig und die kleinen lustigen Augen schlossen sich fast, wenn sich durch das breite Lächeln die geröteten Wangen hoben.

„Was schlägst du für den Tag vor?“ Sie blickte mich fragend an. Die Lautstärke ihrer Frage war wohl auch dem von ihrer Mutter geschilderten Umstand der Taubheit des Seniorchefs geschuldet. 

„Ich denke mal, wir machen uns einen schönen Tag mit einem Eisbecher und einem Schluck Wein im Seebadcasino und lernen uns etwas kennen.“ Bei dem Satz war ich schon halb an der Tür und mit den nächsten Schritten fast auf dem Hof. Nur die Chefin stand noch im Türrahmen, blickte uns nach und winkte. „Macht euch ein paar schöne Stunden!“ Sie wandte sich an mich: „Und bring' mein Röschen heil zurück! Mit dem Wein, das muss aber nicht sein. Annerose darf nichts trinken und du musst ja fahren!“ Wir waren erst vier Schritte entfernt, aber auf der Straße und über dem Torweg hatten es bestimmt alle Nachbarn oder zufällig vorbeilaufende Bewohner gehört. Dass ihr Röschen nichts Alkoholisches trinken darf, klärte sich später in einer erhabenen, gedämpften Atmosphäre – so wie auch einiges andere.

Ein Rettungsgedanke schoss mir auf dem Hof noch durch den Kopf. Ich hätte noch in der Bäckerei sagen sollen: Ich hol mal schnell die Blumen aus dem Auto! Dann hätte ich mit einem Kavalierstart die Szene verlassen und mir wäre viel Aufregung erspart geblieben. Aber erstens hatte ich die Blumen schon der Schwiegermutter bei der Begrüßung überreicht und zweites bin ich kein Taugenichts, der sich dünne macht, wenn die Braut oder die Luft dick wird. Also stand ich es durch und steuerte das Lokal unserer Träume an, in dem Falle unserer Albträume.

Kaffeezeit und viele Gäste, die eine wundervolle gedämpfte Atmosphäre und den herrlichen Nachmittagsblick auf den Rangsdorfer See genossen, sahen uns erwartungsvoll entgegen. Der Wirt begrüßte uns sehr freundlich und geleitete Rösschen und mich zu einem der kleineren Tische in der hinteren Abteilung. Die Bedienung nickte noch sehr freundlich und vielsagend beim Eintreten, und wir ließen uns stumm geleiten. – Eisbecher waren schnell ausgesucht, natürlich die größten und prächtigsten. Ich lasse mich da nicht lumpen. Mit einigen Erklärungen und Dingen aus meiner Vergangenheit begann unser Kennenlernen. Annerose hörte geduldig zu, unterbrach mich nur ab und zu, um nähere Einzelheiten zu erfahren, aber sonst war alles zufriedenstellend und sehr harmonisch. Die Eisbecher leerten sich und die Bedienung lächelte immer noch freundlich. Doch irgendwann war es an Annerose, ihre Geschichte zu erzählen. Und da geschah es ...

„Weißt du, ich war auch schon einmal verheiratet, aber der Idiot hatte es nur auf mein Geld abgesehen. Der hatte vorher von unserem Gewinn im Lotto gehört, hat mich umgarnt und ich dumme Kuh bin darauf reingefallen. Die 80.000 Mark und das neue Haus von meinen Eltern reizten ihn, da wollte er einheiraten – hat er ja auch. Bloß meine Eltern sind dahinter gekommen. Das war zu offensichtlich, was der vorhatte. Da sie aber die Vormundschaft für mich haben, ich bin da nicht so clever, weil ich nicht so geistig auf der Höhe bin, wurden alle meine Konten von ihnen wieder selbst verwaltet und er saß auf dem Trockenen mit seinen Kumpels. Jeden Tag war mein Haus voll mit Freunden von ihm. Die haben nur gesoffen, kistenweise Schnaps und Bier. Sie haben gekotzt und wilde Sau gespielt. Er hatte ja Zugang zu meinem Konto, bis meine Brüder kurzen Prozess gemacht und ihn mit seinen Saufbrüdern an die frische Luft gesetzt haben. Sie drohten ihm: Wenn er sich noch einmal mir oder dem Haus näherte, dann würden sie ihn und das ganze Gesocks halb totschlagen. Das hat gewirkt. Dieses Arschloch von Penner ist seit dem Tage wie vom Erdboden verschluckt und ich habe inzwischen die Scheidung eingereicht bei dem Gerichtsgebäude, was für uns zuständig ist.“

„Über deinen Anwalt hast du das wohl geregelt?“, dämpfte ich ihren Redefluss, indem ich fast flüsterte.

„Ja, und dann noch mein Anwalt, das war auch ein „Oberarsch“. Der hat schon 5.000 Mark geschluckt, ohne ein Ergebnis zu erzielen. Mein Ex-Penner kann immer noch auftauchen und Entschädigung verlangen. Aber dann hat er den letzten Furz gelassen. Wie ich meine Brüder kenne, schlagen die ihn tot.“

Ich flüsterte wieder: „Annerose, tu mir einen Gefallen! Bitte leise unterhalten, wir sind doch nicht in der Bäckerei. Alle Leute haben das mitbekommen, du hast nicht deinen tauben Vater hier am Tisch!“

Sie blickte mich fragend an, hatte es aber nicht geschnallt, dass sich schon langsam die ersten Gäste mit finsteren Mienen aus unserer Umgebung erhoben und das Lokal verließen oder sich Plätze weiter weg von uns zuweisen ließen. Damals wurde man noch in den Gaststätten platziert, und in diesem feinen Lokal erst recht. Inzwischen war von mir aber schon nichts mehr zu sehen. Wie ich das bei meiner Größe geschafft habe, ist mir heute noch ein Rätsel, aber ich war völlig in dem schweren roten Sessel versunken und betete, der Erdboden möge sich auftun und mich oder meine „Rose“ mit der „Megafonstimme“ verschlingen.

„Ja, mein armer Vater! Vor 6 Jahren hatte er einen Hörsturz und seit dem ist er fast taub. Wir müssen alle so laut reden, sonst versteht er uns doch nicht!“ Ich war einem Nervenzusammenbruch oder einem Suizidversuch nahe, was genau musste ich noch entscheiden.

„Ja, bitte in der Bäckerei, aber doch nicht hier! Alle kennen nun deine Geschichte. Und das Schlimme daran ist, dass mich auch hier viele Leute kennen. Schau dich um, die Leute sehen ständig zu uns rüber!“ Ich beendete meine Flüsterbitte mit den Worten: „Ich muss auf die Toilette!“

Jetzt bekam ich ihre Begriffsstutzigkeit richtig zu spüren. Ohne begriffen zu haben, was für ein Film hier läuft, rief sie mir noch hocherfreut nach, mit einem anschließenden lauten Lachen: „Schön abschütteln, Sauberkeit am Arbeitsplatz!“

Also geil war sie auch noch, ging es mir auf der Flucht, vorbei an den langen Reihen wütender Gesichter, durch meinen vom Geschrei strapazierten Kopf. Auf halben Weg kam mir schon mein Freund Horst, die jetzt erzürnte Seele des Hauses, entgegen. „Hör mal, das geht nicht, mir rennen die Gäste weg! Was hast du da bloß angeschleppt, das ist eine Sirene, kein Weib?! Bisher ging doch alles so gut mit den anderen Bekanntschaften.“ Ich sah in sein betroffenes Gesicht, stand wohl ziemlich hilflos vor ihm, stammelte was vom tauben Vater, Bäckerei und alle schreien dort so, aber seine Miene besserte sich trotzdem nicht.

„Dann hättest du mit der auf eine Autobahnraststätte fahren sollen. Bei dem Lärm hätte das gepasst, wenn ihr euch Plätze an der Fahrbahn gesucht hättet, hier ruiniert sie mein Geschäft!“

„Wenn ich wieder am Tisch bin, dann hol mich einfach da raus. Sag, ich soll ans Telefon kommen. Erfinde einen Vorwand, dass ich dringend weg muss, ich nehme sie auch wieder mit.“

Er blickte mich jetzt mitleidvoll an, und etwas hellte sich sein Gesicht auf. Die Lösung schien ihm zu gefallen, weil er das Ende dieser Katastrophe absehen konnte.

„Ok, aber ich komme dir gleich nach, sobald du sitzt!“ Ich verschwand auf die Toilette und er wieder hinter seinen Tresen.

„Na, alles gut abgelaufen?“ Sie empfing mich wieder lautstark schon 3 Tische vor dem unseren. Ich kam nicht zum Sitzen, fast in der Hocke klopfte mir Horst auf die Schulter: „Du sollst einmal ans Telefon kommen, ein Anruf von deiner Schwester, euer Hund spielt verrückt, der hat die ganze Couch zerfetzt!“ Tolle Ausrede, ging es mir durch den Kopf. Ich hab' doch gar keinen Hund.

Wie von der Tarantel gestochen bin ich hoch und Horst hinterher ans Telefon. Der Hörer lag friedlich auf der Gabel, aber in der Telefonecke standen 2 Schnäpse, fast dreifache – die Lösung war es Horst wohl wert. „Sag ihr, du hast schon bezahlt. Wir machen das ein anderes Mal klar, bloß bring die Heulboje hier raus!“

So erschien ich dann auch wieder am Tisch. Um die Not von Horst werten zu können, muss ich erwähnen, dass es ihm dann noch 2 Schnäpse mehr wert war, wieder Ruhe in sein friedliches, beschauliches Unternehmen am See zu bekommen.

„Wir müssen ganz dringend los, der Hund hat schon meine halbe Wohnung zerlegt. Ich bring dich nur schnell vorher noch nach Hause.“ 

„Ich kann doch mitkommen, ich kenne mich mit Hunden aus. Wir hatten selbst lange einen Pudel!“

„Pudel sind doch keine Hunde. Meiner ist von Beruf ein Rottweiler, der zerfetzt alles Fremde.“

Ganz kleinlaut und mit einem traurigen Gesicht fügte sie noch hinzu, dieses Mal sogar in der Lautstärke, die ich mir die ganze Zeit gewünscht hatte: „Und alles wegen mir, das tut mir unheimlich leid!“ Mir erst, dachte ich, während wir den Ort der Blamage unter den erleichterten Blicken der verbliebenen Gäste verließen. Wenn jemand jetzt laut Beifall gespendet hätte, mich hätte es nicht im Geringsten gewundert. Aber es hat keiner applaudiert, nur ein allseits hörbares Aufatmen war zu vernehmen. Ich habe Annerose natürlich ordnungsgemäß und heil nach Hause gebracht und mit dem Versprechen eines Wiedersehens bei ihrer erfreuten Mutter abgeliefert. Die noch von ihr hastig aufgeschriebene Telefonnummer flatterte während der Rückfahrt aus dem Fenster.

Ich habe das Wochenende alkoholisiert verbracht, zurückgezogen, Ruhe genießend und nur für mich allein. Und allmählich hörte auch das Dröhnen im Kopf auf, das man bekommt, wenn man lange Zeit neben einem Presslufthammer ohne Gehörschutz gestanden hat. Also Wunden lecken war angesagt. Auch nach einer ganzen Flasche Whiskey hatte ich sie noch nicht wieder so begehrenswert „getrunken“, um sie anrufen zu können – bis heute nicht.      

 

      

 

 

 

 

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